Testfilter Bau
Zwischen Dezember 2016 und April 2017 wurde der Finowmaßkahn Hans-Wilhelm mit unserem prototypischen Testfilter ausgestattet. Hier ist eine Übersicht der Arbeiten.
Überführung zum Bauplatz und Einrichtung der Baustelle
Wer den Werdegang der Hans-Wilhelm verfolgt hat, weiß, dass sie ihren Heimathafen im Historischen Hafen Berlins hatte und dort einen Großteil der 2. Jahreshälfte 2016 verbracht hat. Für den Ausbau mit dem Testfilter ist der Historische Hafen als Museumshafen leider nicht geeignet, da der zu erwartende Baulärm für die angrenzenden Wohnhäuser zu störend wäre.
Daher haben wir mit den Vereinsvertretern von der Berlin-Brandenburger Schiffahrtsgesellschaft e.V. den antriebslosen Kahn an einem wunderschönen, winterlichen Sonnentag von Mitte nach Spandau zum BEHALA Südhafen überführt. Als Schlepper diente der Sturmvogel von Rainer Röper. Mit großem Interesse wurde die Fahrt durch die Innenstadtbrücken, am Hauptbahnhof vorbei, über den Westhafen über ca 12 km nach Spandau verfolgt.
An der Kaimauer festgemacht, war der erste Schritt für den Einbau getan. An Land wurde noch eine 300 qm große Arbeits- und Aufenthaltsfläche für die verschiedenen Gewerke eingerichtet. Ein SiGeKo (Sicherheits- und Gesundheitskoordinator) hat alles auf Sicherheit und Gesundheit geprüft und abgenommen. Auf einer deutschen Baustelle muss eben alles korrekt sein.
Planung für ein Schiff
Die Filteranlage wurde durch das Büro AKUT Umwelttechnik geplant. Ihre Schwierigkeit bestand darin, die notwendigen Filterbecken in die drei offenen Laderäume eines Schwimmkörper von 45 m Länge und 5 m Breite unterzubringen, ihn dabei auszutarrieren und die Ladegewichte entsprechend der statischen Struktur des Kahns so zu verteilen, dass das Schiff nicht auseinanderbricht. Nur um eine Vorstellung der Lasten zu bekommen: Ein Filterbecken mit ca 11 m2 Oberfläche wiegt vollständig gefüllt ca. 30 Tonnen. Das Schiff wiegt leer ca. 60 Tonnen und hat einen Tiefgang von 14 cm. Der ehemalige Lastkahn konnte inkl. Beladung ein Maximalgewicht von 345 Tonnen erreichen, bevor Wasser über die Bordwand schwappt und er untergeht. Die Berechnungen der Ingenieure ergaben ein Betriebsgewicht der Filteranlage von 240 Tonnen, wodurch sich ein theoretischer Tiefgang von 147 cm ergibt, ca 50 cm über die maximale Eintauchtiefe.
So wurden die Filter- Wasserbecken wie folgt angeordnet: In der ersten offenen Ladekammer (links) befinden sich zwei Festbettflterbecken nebeneinander, im mittleren Laderaum das Frischwasserbecken, das den Schwimmbereich des Projekt simuliert und im dritten offenen Laderaum sind der dritte Festbettfiter und der Muschelreaktor untergebracht. In der geschlossenen Heckkammer befinden sich zwei Ballasttanks zum Tarrieren des Schiffs in Längs- und Querrichtung.
Steuerungskonzept
Für eine flexible Steuerung der Anlage wurden alle Becken mit Zulauf- und Ablaufrohren versehen. Da wir Wasser nicht einfach durch die Hülle des Schiffes strömen lassen können, pumpen wir es durch dieses Rohrsystem. So können alle Filterbecken einzeln über Zulaufpumpen beschickt werden. In der Standardeinstellung werden zwei Festbettfilter und der Muschelreaktor mit Flusswasser beschickt. Der dritte Festbettfilter erhält das vorbehandelte Wasser aus dem Muschelreaktor. Das gefilterte Wasser aus einem Festbettfilter strömt in das Frischwasserbecken, verweilt dort für einen Tag und wird dann zurück in den Fluss gepumpt. Die beiden Festbettfilter entwässern ebenfalls direkt in den Fluss.
Über eine Kombination von Rohrverbindungen und Ventilen sind wir in der Lage, das Fließschema flexibel anzupassen. Theoretisch wäre ein Durchfluss des Wasser durch alle Filterbecken nacheinander möglich. Ob dies so eingestellt wird, werden die wissenschaftlichen Testreihen zeigen.
Bau der Filterbehälter - Tanks

Das erste Gewerk im Kahn war der Holzbau. Aus Kosten- und Gewichtsgründen wurde Holz als Basismaterial für alle Wasserbehälter gewählt. Insgesamt werden sieben unterschiedliche Behälter in die drei offenen Laderäume und die Heckkammer eingebaut. Etwa 30. Kubikmeter Vollholz werden dazu geschnitten und zusammengeschraubt bzw. -genagelt. Die Planung für die präzise zueinander austarrierten Behälter (wir befinden uns immerhin in einem Schiff, das Schlagseite bekommen kann) wurde durch das Ingenieurbüro AKUT Umweltschutz Burkhardt und Partner erstellt, die Baustelle von Fachleuten begleitet.
Kurz vor Weihnachten 2016 war der Frischwasserbehälter im mittleren Laderaum - mit 75 Kubikmeter Fassungsvermögen der größte Tank - durch die sechs HandwerkerInnen fertig gestellt. Neben Holz werden in einigen Bereichen - wiederum aus Kosten- und Gewichtsgründen - auch XPS Platten (Styrodur) verarbeitet.
Mitte Januar 2017 werden die Holzarbeiten im Wesentlichen abgeschlossen werden. Wenn das Wetter nicht zu winterlich wird, beginnen dann das zweite und dritte Gewerk auf die Baustelle: Teichfolien und Anlagenbau.
Abdichtung der Tanks
Der zweite Arbeitschritt im Kahn dient dem Abdichten der Holztanks. Mit schwarzer Teichfolie, die über einem schützenden Flies verlegt und verschweißt wird, werden derzeit die insgesamt sieben Behälter ausgekleidet. Angesichts der eisigen Witterungsbedingungen ist das eine große Herausforderung, denn die Folien sind bei diesen Temperaturen extrem steif. Um dennoch arbeiten zu können, haben wir die Ladekammern des Kahns vollständig eingehaust und beheizen sie nun abschnitssweise. Nur so können wir Schritt für Schritt jeden einzelnen Tank abdichten.
Ist dieser Arbeitsschritt abgeschlossen, beginnt der erste vollständige Dichtheitstest.
Befüllen der Tanks - der erste Test
Wer immer schon einmal wissen wollte, wieviel Wasser wiegt, kann es hier eventuell sehen. Knapp 150 Kubikmeter Wasser sind in die insgesamt sieben Wasserbehälter gepumpt worden, die selbst leer ungefähr 30 Tonnen wiegen. Dadurch raucht unser Finowmaßkahn "Hans-Wilhelm" jetzt circa einen Meter tiefer ein. Dennoch sind noch ca 60-70 Zentimeter Freibord, genau wie berechnet.
Wir sind derzeit dabei, die Dichtigkeit aller Wasserbehälter zu prüfen, daher wurde die entstehende Testfilteranlage erstmals vollständig mit Wasser befüllt und für 24 Stunden voll belassen. Beim ersten Tests haben wir kleine Lecks festgestellt, die abgedichtet wurden und jetzt ein zweites Mal auf Dichtigkeit getestet werden.
Auch wenn das Befüllen und Entleeren sowie der Test selbst jedesmal ca 48 Stunden braucht, liegen wir bei der Baustelle noch gut im Zeitplan.
Rohrleitungen

Drainage-Ebene

Die Filterbecken sind dicht und können nun gefüllt werden. Zuerst wird die spätere Betriebsebene eingesetzt. Sie besteht aus einer Drainageschicht, die wir mit so genannten Rausikko Elementen der Firma REHAU auslegen. In den von der Firma kostenfrei zur Verfügung gestellten Elementen sammelt sich in Zukunft das gefilterte Wasser. Sie dienen als unterste Lage des Filters, darpber befindet sich das Granulat, aus dem wiederum die Wasserpflanzen wachsen. Auf diese Drainage-Ebene werden zudem Luftleitungen befestigt, die später die Belüftung des Filtermaterials erlauben.
Ein Schacht in jedem Filterbecken ermöglicht während des Betriebs das Eintauchen in die Drainageebene. In den Schächten werden später auch die Pumpen zum Entleeren der Filterbecken eingesetzt.
Pumpen und Rohre / Filtermaterialien

In den vergangenen zwei Wochen nahm der Filter seine technische Gestalt an. Sämtliche Rohrleitungen sind nun verlegt und verbinden die einzelnen Becken miteinander sowie mit dem Fluss zur Entnahme des Wassers. Wir haben einen weiteren, erfolgreichen Dichtigkeitstest durchgeführt und wissen nun, dass alle Becken und Rohre keinerlei Leckagen aufweisen.
In den kommenden Tagen wird die elektrische Verkabelung der gesamten Anlage vorgenommen und die Schaltung aller technischen Geräte an Bord eingerichtet. Für die kommenden zwei Wochen ist ein Ende der Baustelle absehbar.
Es fließt

Automatische Steuerung
Die Testfilteranlage ist fertig gestellt
Die Anlage ist nun fertig gestellt, in einem vollständiger Funktionstest haben wir die Anlage auf Herz und Nieren geprüft. Dabei wurden alle Pumpen über die integrierte Steuerung geschalten, die Sensoren geprüft und deren Werte ausgelesen und in die "Cloud" übertragen. Mit Spannung haben wir diesem Moment entgegen gesehnt und sind glücklich, dass (fast) alles funktionierte, wie wir es mit unseren Ingenieuren von AKUT Umwelttechnik geplant haben.
Nun steht nur noch die Überführung zum Betriebsstandort in Mitte an. Wir warten auf die Genehmigungen dazu...
Daten
Um die Reinigungsfähigkeit der Filterbecken zu prüfen, werden wir während des Betriebs im Spreekanal über Sensoren und Wasserproben viele Daten sammeln. Diese werden in eine Datenbank übertragen und von dort auf verschiedene Arten ausgegeben. Bei einem ersten Test der Datenübertragung wurde der korrekte Import und die Möglichkeit der Datenausgabe erfolgreich geprüft.
Derzeit arbeiten wir an der vollständigen Darstellung und einem standardisiertem Export bzw. einer Schnittstelle für die Integration Dritter, um unsere Informationen zum Testfilter der allgemeinen und Fachöffentlichkeit bereit zu stellen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind hoffentlich rechtzeitig zum Betriebsbeginn im Spreekanal abrufbar.
Realisierung
Bei der Realisierung haben uns folgende Firmen und Fachleute geholfen:
Planung: AKUT Umweltschutz Burkard und Partner GmbH, Berlin
Holzarbeiten zur Herstellung der Behälter: Zimmerleute Alexandra Jacob, Dirk Rochow, Frank Wolf, Felix Hemmer, Moritz Wolf und Andre Fiebig
Abdichtungen und Installationen: Botana Grimmen GmbH, Grimmen
Steuerungstechnik: Promontan GmbH, Werder
Vielen Dank an die Firma Rehau für die Bereitstellung der Drainage Sickerboxen und Kontrollschächte für alle drei Festbett-Filterbecken.