Wie gut ist die Wasserqualität der Spree?
Die von FLUSS BAD BERLIN kontinuierlich erhobenen Messergebnisse zeigen, dass der Spreekanal, abgesehen von den Starkregen- und Überlaufereignissen, überwiegend eine gute bis sehr gute Wasserqualität aufweist. Gemeint ist die Qualitätsbeurteilung in Bezug auf Badegewässer, die auf der normierten Untersuchung ausgewählter „Indikator“-Keime basiert. Stets konzentrieren sich die Untersuchungen auf zwei mikrobiologische Parameter: Escherichia-Coli-Bakterien und intestinale Enterokokken, welche auf mögliche fäkale Verunreinigungen hinweisen können. Bei Starkregen läuft die Abwasserkanalisation in die Spree über und leitet in kurzer Zeit erhebliche Mengen völlig ungeklärter Haushalts- und Industrieabwässer in den Fluss ein. Dadurch entstehen extreme Belastungsspitzen, bei denen die gültigen Grenzwerte der einschlägigen Keime um mehr als das 100-fache überschritten werden können. Neben der Verunreinigung infolge von Einleitungen nach Regenereignissen kann die Spree wie andere Badegewässer auch durch einen hohen Nährstoffgehalt und eine dadurch begünstigte temporäre Massenvermehrung von Algen und Bakterien wie den potentiell toxischen Cyanobakterien belastet sein. Allerdings ist dieses Phänomen eher für die stehenden Seen, als für Fließgewässer relevant.
Ist der Spreekanal als Badegewässer geeignet?
Eine abschließende Klärung dazu läuft noch. Aber es deutet sich an, dass alle Normen, die für Berliner Badegewässer gelten, auch für den Spreekanal erfüllt werden können. Methoden und Grenzwerte zur Beurteilung der Wasserhygiene von Badegewässern gelten prinzipiell auch für Gewässer, die von Abwasserbelastungen betroffen sind, also auch für den Spreekanal. Beispielsweise gilt auch der Wannsee als offizielles Badegewässer, obwohl er zu zwei Dritteln durch Wasser aus der Spree gespeist wird, das vorher durch Abwassereinleitungen verschmutzt wurde. Jedoch kann für den Wannsee der Nachweis erbracht werden, dass die dortige Keimbelastung unterhalb der Grenze liegt, die als gesundheitlich bedenklich gilt. Selbstreinigungsprozesse des Wassers, u.a. durch die Sonneneinstrahlung, haben hier die Keimbelastung reduziert.
Wie wird die Wasserqualität im Spreekanal sichergestellt?
Mit aufeinander abgestimmten Elementen und Verfahren kann der Spreekanal als Badegewässer genutzt werden.
Mehrere Maßnahmen sind dafür vorgesehenen wie die Verhinderung von Kanalisationseinleitungen in den Schwimmbereich und/oder die Reinigung des ankommenden Flusswassers durch einen Bodenfilter - gegebenenfalls ergänzt durch einen punktuell zugeschaltete UV-Nachbehandlung bei besonders hoher Keimbelastung.
Der zentraler und einzig unverzichtbare Bestandteil ist ein Echtzeit fähiges System zur Prognose der Wasserqualität im Zustrom. Denn die zentrale Idee ist nicht, dass eine hohe Wasserqualität zu allen Zeiten sichergestellt wird (was einen extremen Aufwand bedeuten würde), sondern dass zuerst und in jedem Fall jegliche Gefährdung der Nutzer*innen durch unzureichende Wasserqualität (oder andere Gefahren) ausgeschlossen wird, wofür die Nutzung notfalls kontrolliert für kurze Zeit unterbrochen wird (was übrigens auch in gewöhnlichen Badgewässern vorkommt).
Innerhalb dieses Systems sind die Maßnahmen, die zur Verbesserung der Wasserqualität führen, optional, austauschbar sowie skalierbar. Vermutlich werden diese auch erst nach Beginn der Nutzung als Badegewässer und auch nur schrittweise realisiert werden, wodurch sich die Nutzungsbedingungen durch die Addition der Effekte schrittweise verbessern können.
Welchen Richtlinien bezüglich der Badewasserqualität folgt Fluss Bad Berlin?
Fluss Bad Berlin orientiert sich an den Hygienebestimmungen der EU-Badegewässerrichtlinie und der darauf aufbauenden Berliner Badegewässerverordnung. Als Überwachungswerte gemäß EU-Badegewässerrichtlinie gelten vor allem mikrobiologische Parameter, wie intestinale Enterokokken und Escherichia Coli, die als Indikatoren für eine fäkale Verschmutzung dienen. Darüber hinaus sind weitere Parameter, wie Phytoplankton und Cyanobakterien sowie sonstige Verschmutzungen, zu berücksichtigen. Eine spezifische Definition der Untersuchungsauflagen für das Baden im Spreekanal werden in dem noch zu erstellenden Badegewässerprofil enthalten sein.
Welche Verunreinigungen kann der Filter reinigen?
Die von 2017 bis 2021gesammelten Ergebnisse (5 Jahre!) des Testfilters zeigen, dass der Filter die für die Sicherheit des Badebetriebs relevante Keimbelastung des Flusswassers um 70 bis 90 Prozent reduziert. Im Normalbetrieb klärt er auf diese Weise pro Sekunde etwa 250 bis 500 Liter Spreewasser. In den kurzen Phasen mit zu hoher Keimbelastung nach Überläufen der Kanalisation muss dieser Filterprozess entweder vorübergehend verlangsamt oder angehalten werden. Oder er kann dann durch eine zweite – dann technische – Reinigungsstufe per UV-Bestrahlung ergänzt werden. Der Filter reduziert zudem die Trübung des Wassers, was für die Zulassung des Spreekanals als Badegewässer ebenfalls sehr wichtig ist.
Wie geht der Filter mit multiresistenten Keimen und Medikamentenrückständen im Wasser um?
Multiresistente Keime zeichnen sich dadurch aus, dass Antibiotika ihnen gegenüber wirkungslos sind. Die Filterwirkung in einem Bodenfilter beruht aber auf einem andersartigen biologischen Ab- oder Umbauprozess, so dass die Antibiotikaresistenz der Keime den Abbauprozess im Filter nicht beeinträchtigt. Medikamentenrückstände hingegen sind im Wasser in Bezug auf die Badegewässerhygiene kein Problem: Badegäste verbringen nur kurze Zeit im Wasser und die Wasseraufnahme in den Körper ist gering.
Wie geht der Filter mit Algenblüte (insbesondere Blaualgen / Cyanobakterien) um?
Nährstoffe wie Phosphat und Stickstoff können indirekt Badegewässer belasten, indem sie bei geringer Fließgeschwindigkeit zu einer Massenvermehrung von Phytoplankton, Algen und Cyanobakterien (Blaualgen) führen können. Diese Eutrophierung führt zu einer hohen Sauerstoffzehrung (dem „Umkippen“ eines Gewässers), was zu Fischsterben und Geruchsbildung führen kann, aber keine unmittelbar schädlichen Auswirkungen auf Badende hat. Einige Cyanobakterien scheiden jedoch gesundheitsgefährdende Toxine aus, so dass eine Massenentwicklung von Blaualgen zu einer Schließung der Badestelle führen würde. Doch sind Toxine absondernde Cyanobakterien insbesondere von stehenden Gewässern bekannt – die bisher in der Spree nachgewiesenen Arten von Blaualgen sondern keine Gifte ab. Zudem reduzieren Algen die Sichttiefe, wodurch die Sicherheit des Badebetriebs eingeschränkt wäre. Der Filterprozess im FLUSS BAD BERLIN reduziert auch die im Wasser vorhandenen Algen und Cyanobakterien. Der Filter wurde so konzipiert, dass er innerhalb von 24 Stunden das Wasser des Badebereichs komplett austauscht. Da die allermeisten Bakterienarten eine Verdopplungszeit von ein bis vier Tagen haben, bedeutet eine Aufenthaltszeit von einem Tag für das Wasser im Badebereich, dass die Algen keine Zeit haben, sich signifikant zu vermehren. Weitere Nährstoff- und Keimeinträge durch die Badenden werden durch die permanente Erneuerung des Badewassers ebenfalls abgeleitet.
Die Untersuchungen am Testfilter haben verschiedene Filterverfahren erprobt. Welche Filterart hat sich dabei als besonders geeignet erwiesen?
Die Untersuchungen haben ergeben, dass ein gröberer und damit langzeitstabiler Filterkies den Vorzug erhalten sollte. Mit diesem Material kann sichergestellt werden, dass nur so viel organisches Material zurückgehalten wird, wie der Filter kontinuierlich biologisch abbauen kann. Der Schlüssel zu einer angemessenen und kosteneffizienten Wasseraufbereitung liegt in der Kombination des Filters mit einem weiteren Verfahrensschritt, um ein Multi-Barrieren-System aufzubauen. Im Normalbetrieb reicht die Filtration durch den Kies aus. Bei Bedarf, also im Falle von Mischwassereinleitungen, könnte zusätzlich eine Desinfektionsanlage mit UV-Strahlung zugeschaltet werden.
Wie funktioniert der Filter bei Starkregenereignissen?
Bei Starkregen kommt es zu einer extremen Verschmutzung des Kanals, da ungeklärte Abwässer (durch Überlauf der überlasteten Kanalisation) eingeleitet werden. Diese Verschmutzung tritt rasch ein, bleibt aber aufgrund des Fließens nur für kurze Zeit (meist ein bis drei Tage) bestehen. Die maximal 90-prozentige Reinigungswirkung des Filters ist dann nicht mehr ausreichend. Denn bei solchen extremen Belastungsspitzen müsste der Filter eine Leistungsfähigkeit von 99 Prozent haben, um die Keimbelastung abbauen zu können, das wäre 10x mehr.
Allerdings besteht in diesen Situationen die Möglichkeit, die Wasserzufuhr zu drosseln, um die Verweildauer des Wassers im Filter zu verlängern und dadurch den Wirkungsgrad zu erhöhen. Auch kann die Wasserzufuhr in den Badebereich vorübergehend ganz gestoppt werden, so dass das nach der Filterung immer noch zu stark belastete Flusswasser gar nicht erst dorthin gelangt . Das Volumen des Schwimmbereichs (45.000 Kubikmeter) reicht aus, um ohne Zufuhr von gereinigtem Wasser die Wasserqualität für diesen kurzen Zeitraum aufrechtzuerhalten. Nur bei extremsten Bedingungen, z.B. bei Starkregen über viele Tage oder einem Befall mit Blaualgen, müsste der Schwimmbetrieb vorübergehend eingestellt werden. Die Daten unserer Testfilteranlage zeigen jedoch, dass in der Beobachtungszeit (2017 bis 2019) so ein Fall nie eingetreten wäre.
Wie funktioniert der Filter in Trockenperioden?
In den Sommermonaten kann das Wasseraufkommen der Spree aufgrund von Trockenheit stark abnehmen. Generell ist der Wasserhaushalt der Spree überaus komplex und das Ergebnis einer großen Zahl gleichzeitiger Einspeiser und Verbraucher.
Für den Betrieb von Fluss Bad Berlin ist maßgeblich, ob an der Staustufe Mühlendamm weiter ein Abfluss stattfinden darf und wenn ja, wie die zur Verfügung stehenden Wassermengen verteilt werden können. Um das bei Trockenheit weniger werdende Wasser konkurrieren dann nämlich drei unterschiedliche Anliegen: 1. Die Schleusenanlage (für die Schifffahrt durch die Stadt), 2. die künftige Fischtreppe (für das Ökosystem in der Stadt) und 3. Fluss Bad Berlin (für das soziale und kulturelle Leben in der Stadt). Von den drei Verbrauchern hat das FLUSS BAD BERLIN mit 250 bis 500 Litern Wasser pro Sekunde den geringsten Bedarf. Dieser Wasserdurchsatz kann vermutlich weiter reduziert werden. Steht aber über längere Zeit gar kein ankommendes Wasser zur Verfügung, muss der Schwimmbetrieb vorübergehend eingestellt werden. Ein Konzept für ein künftiges Abflussmanagement gilt es im weiteren Verfahren noch zu entwickeln.
Ist der Filterbau überhaupt notwendig? Kann nicht an vielen Tagen im Jahr auch ohne Filter geschwommen werden?
Die von 2017 bis 2019 durchgeführten Untersuchungen rund um den Filter (Testfilterschiff Hans-Wilhelm) haben erstmals eine engmaschige Datengrundlage geschaffen. So können wir nun einschätzen, wie häufig und intensiv Verschmutzungen auftreten. Eine Nutzung des Spreekanals als Badegewässer ist theoretisch auch ohne Filterung möglich. Auch auf weitere Maßnahmen für den Rückhalt von Mischwassereinleitungen oder zu deren Abschirmung könnte theoretisch verzichtet werden. Die Voraussetzung dafür wäre gleichermaßen, das ein System zur Prognose der Wasserqualität (wie „ibath water“) eingesetzt werden darf. Die durchschnittliche Dauer und Qualität der Nutzung wäre entsprechend geringer.
Wir halten aber an der Einschätzung fest, dass eine dauernde Filterung des Wassers angestrebt werden sollte, denn der Filter hat mehrere Vorteile: Er führt dazu, dass der Schwimmbereich in der Saison fast immer geöffnet sein kann. Und auch in „normalen“ Phasen, in denen es keine Überläufe der Kanalisation gegeben hat, verbessert der Filter die Wasserqualität im Spreekanal spürbar. Um die Berliner*innen (wieder) mit „ihrer“ Spree in Kontakt zu bringen, könnte die besondere Reinheit des Wassers und vor allem die durch den Filter hergestellte Sicherheit und Kontrolliertheit der Situation einen Unterschied machen. Zudem stellt der Filter bei plötzlichen Unwettern und den dann auftretenden Einleitungen einen Zeitpuffer von circa drei Stunden her und senkt die Anforderungen an ein System zur Prognose der Wasserqualität und eine plötzlich erforderlich werdende Sperrung des Schwimmbereichs. Die Filterung des Wassers und die dadurch erzielte Verbesserung der Qualität und Sicherheit des Schwimmens sowie die begleitenden psychologischen Effekte sind zentrale Aspekte des Konzepts von Fluss Bad Berlin.
Könnte der Filter verkleinert werden?
Basierend auf den Daten, die bisher im Rahmen des Betriebs des Fluss Bad Testfilters gesammelt wurden, erscheint eine deutliche Größenreduktion und Vereinfachung des Filterbauwerks als eine so erfolgversprechende Möglichkeit, dass diese Variante jetzt präferiert wird. Die Fläche des Filters kann um mehr als 50% reduziert werden.
Der Abschlussbericht zur Untersuchung der Filtersysteme aus dem Jahr 2022 erlaubt diese Schlussfolgerung. Wesentlicher Nenebeneffekt ist der Wegfall des Hochwasserdükers, der unter dem Filter geplant war. Deshalb ist der Effekt dieser Verkleinerung noch erheblich größer.
Könnte auf die unter dem Filter liegende Hochwasser-Ableitung (Düker) verzichtet werden? Wie häufig kommt es vor, dass der Hochwasserdüker notwendig wäre?
Bei einer wesentlichen Verkleinerung der Filterfläche könnte der Hochwasser-Düker vollständig entfallen und die Hochwasserdurchleitung parallel zum Filter erfolgen.
Kommt es durch den Badebetrieb zu Wasserverunreinigungen? Welche Anforderungen an die Filtertechnik erwachsen daraus?
Der geplante Filter liegt oberhalb des Schwimmbereichs und dient zur Reinigung des dort einfließenden Wassers. Der flussabwärts liegende Schwimmbereich wird im Durchlauf betrieben. Somit erreichen die Einträge, welche die Badenden ins Wasser bringen, den Filter nicht. Allerdings sind diese auch sehr gering und werden durch das kontinuierlich nachlaufende, gefilterte Wasser ausgespült.